Abendakt 19h

Wally Salner

Wally Salner

Abendakt 19h

Die Neue Galerie, eine aus vier Räumen bestehende Zimmerflucht im Erdgeschoß der historischen Hofburg Innsbruck, die vor einigen Jahren in einen möglichst neutralen Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst transformiert wurde, ist Ausstellungsort der Solopräsentation Abendakt 19h von Wally Salner. Wenige präzise Setzungen sezieren die funktionale Architektur des Galerieraums und sind in den „Total Look“ ihrer Gesamtinstallation integriert.

Bruchstellen freizulegen, Unzulänglichkeiten umzukehren und ins Zentrum einer Stilisierung zu setzen sind die Herangehensweisen, die Wally Salner auch als Fashion Designerin in ihrer täglichen Praxis anwendet. Ihre Methode gesellschaftliche Phänomenologien zu dekonstruieren, zu filetieren, und daraus Styles zu kreieren und Inszenierungen zu entwickeln, verortet sie an der Schnittstelle von Kunst und Mode. Das Spiel mit fachspezifischen Begrifflichkeiten führt zu prozesshaften Kontextverschiebungen zwischen den Genres. Die (Körper)Spannung der Arbeiten von Wally Salner entsteht im Dazwischen, in der Ambivalenz von An- und Abwesenheit. Die Frage des An- und Ausziehens – auch von Räumen und Objekten – war somit auch Ausgangspunkt für die konzeptionelle Auseinandersetzung in der Neuen Galerie. Sie erscheint in Nude. Der „nackte Blick“[1] führt zu einer Dekonstruktion der Raumsituation, einer gnadenlosen Freilegung der architektonischen Gegebenheiten.

Abendakt 19h oszilliert formal und inhaltlich zwischen autobiografischen Flashbacks, ersten Auseinandersetzungen mit Körperstudien am Beginn der künstlerischen Tätigkeit und dem Know-how der Modedesignerin, die präzise Raum- und Körperstrukturen analysiert, Dysfunktionalitäten und Provisorien umdeutet und zum Stilmittel erhebt. Zwischen diesen (zeitlichen) Ebenen liegen eine Fülle von Zitaten und Querverweisen, die das Potenzial des Missverständnisses bergen, das Wally Salner strategisch einsetzt. In der Raumatmosphäre einer klassischen Ausstellung verhandelt sie den Akt des Kunstschaffens als Praxis von Körper, Form, Handlung, Raum und Zeit. Die Künstlerin und Designerin fordert mit ihrer subtil provokanten Herangehensweise, die die „Potenz des Nicht“[2] umschreibt, nicht nur sich selbst, sondern auch die Rezipient_innen heraus. Ist doch die „Performativität der Peinlichkeit als lustvoller, zugleich aktiver und passiver Moment“[3] zu lesen – durchaus mit trockenem Humor versetzt. So finden sich auch im Konzepttext Teile, die Wally Salner wie einen Witz formuliert: „Sie liegt im Surrealismus: Treffen sich Signifikat und Signifikant. Sagt der eine zum anderen, ich kann dich lesen, du bist bezeichnend. Sagt der andere: ich bin der fatherland faker. Das täuscht nicht. Susi Klocker hat mich gesetzt. Sicher wie eine Bombe in Petrol. Autsch. Autsch ist ein Akronym und steht für Autsch.“[4]

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[1] Vgl. „Nude Look” in der Mode für natürlich erscheinendes Make up oder Kleidung in Hauttönen
[2] Giorgio Agamben, Bartleby oder die Kontingenz gefolgt von Die absolute Immanenz, Berlin 1998, S. 13: Agamben, dessen Text für die Überlegungen rund um die Denkfigur des „Nichts“ für Wally Salner bedeutend ist, bezieht sich auf die aristotelische Lehre über die Potenz, die aus jedem Vermögen aus diesem selbst heraus ein Unvermögen macht.
[3] Konzeptnotizen Wally Salner
[4] Ebenda; fatherland faker ist der Name der auf der Einladungskarte und dem Print Brillenputztuch A0 auf Textil in der Ausstellung verwendeten Typografie. Susi Klocker heißt die Grafikerin.

 

Ingeborg Erhart

 

Dauer der Ausstellung:
5. Dezember 2019 – 8. Februar 2020
h
Öffnungszeiten:
Mi – Fr 11.00 – 17.00; Sa 11.00 – 15.00 an Feiertagen geschlossen
Während der Weihnachtsferien von Fr, 27.12. – Sa, 28.12.2019 und
Do, 2.1. – Sa, 4.1.2020 von 11.00 – 15.00

Führungen an Samstagen um 11.00 und 14.00
Termine: 11.1.2020 und 8.2.2020

 

CV _ Wally Salner

Wally Salner ist Künstlerin und Designerin; Sie arbeitet im Bereich der practice based fashion research an der Schnittstelle von Mode und Kunst.
Von 1998-2011 gründete und leitete sie mit Johannes Schweiger das Mode- und Designlabel
___fabrics interseason. Wally Salners künstlerische Praxis umfasst die Teilnahme an internationalen Ausstellungen u. a.: school (2019), 21er Haus (2015), Hyère Festival for Fashion and Photographie (2012) sowie Lehr- u. Forschungstätigkeiten u. a.: Professur für Mode und Design, AMD München (2017), Mitarbeiterin am interdisziplinären Forschungszentrum ACfFR (2017). Seit 2018 ist sie Mentorin an der Hochschule für Gestaltung und Kunst FH N/W, Fachbereich Mode und Design, Basel. Für ihre Solo-Präsentation in der Neuen Galerie hat sie neue Arbeiten entwickelt, die an Werke wie „heavy metal ironboard“ (2014), „pole modul“ (2014) oder an „the app“_collection 2020 (2019) anknüpfen.

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